Die Musik als Phänomen ist kein Ziel, sondern eine abstrakte, feine Sprache.
Die Beherrschung ihrer Grammatik ermöglicht es, ein humanes, ästhetisches Bedürfnis auszudrücken. So versteht Saad Thamir die Musik – und dieses philosophische Prinzip prägt sein gesamtes künstlerisches Schaffen.
Nach seiner Abschlussarbeit „Die arabische Maqam-Musik und die Dramaturgie der griechischen Tragödie“ an der Universität Bagdad im Fach Komposition und Musikwissenschaft verfolgt und erforscht er dieses Thema bis heute weiter.
Die Einflüsse seines Vaters, Prof. Dr. Thamir Mahdi – Spezialist für Ästhetik in den islamischen Künsten sowie für griechische Mythologie – wiesen Saad Thamir den Weg in diese Forschung. Ein zentraler Fokus seines Interesses liegt auf der Integration dramaturgischer Konzepte nach westlichem Vorbild (Variationen, Motiventwicklung, Harmonielehre, formaler Aufbau etc.) in die arabische Musik. Dieser Grundgedanke führt ihn tief in den ästhetischen Vergleich zwischen arabischer und westlicher Musiktradition.
In zahlreichen Workshops, durch seine Dozententätigkeit sowie seine langjährige Erfahrung als Komponist und Musikwissenschaftler widmet sich Saad Thamir intensiv der philosophisch-theoretischen und praktischen Auseinandersetzung mit beiden Musiksystemen. Dabei stößt er auf ein bislang wenig beachtetes ästhetisches Geflecht innerhalb der arabischen Musik – ein Geflecht, das auch in anderen arabischen Kunstdisziplinen wiederzufinden ist.
In diesem Kontext gelingt es ihm, eine grundlegende Theorie der arabischen Maqam-Musik herauszuarbeiten. Seitdem sind ihm die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem arabischen und dem westlichen Musiksystem klar erkennbar – und er setzt diese Erkenntnisse konsequent in seinen Kompositionen um.
Die Logik dieses musikalischen Gewebes macht die arabische Musik auf akademischer, wissenschaftlicher und praktischer Ebene zugänglich und verständlich.
Auf dieser Grundlage gelingt es Saad Thamir, eine Verbindung zwischen den beiden Musiksystemen zu schaffen, die über eine bloße Kombination hinausgeht: Er behandelt die Theorien nicht als getrennte Einheiten, sondern lässt sie in einer symbiotischen Einheit verschmelzen – und schafft so einen neuen ästhetischen Raum, in dem sich beide Welten begegnen und etwas Eigenständiges, Neues entsteht.